Text: Reinhard Apel.
Verträgt die Wirklichkeit nur Marktwirtschaft?
Freiheit
Dass Wissenschaft,
Kunst, Religion in einer
Atmosphäre der Freiheit
am besten gedeihen:
Man versteht es leicht.
Gleichheit
Dass es im rechtlichpolitischen
Bereich um
Gleichheit und Gerechtigkeit
geht: es klingt
vertraut.
Brüderlichkeit
Wenn sie im
Wirtschafts leben walten
soll … schön wär‘s schon,
aber es klingt wie ein
frommer Wunsch.
Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben meint nicht, sich selbst, seine Ziele, sein Wohlbefinden aufzugeben. Für Wirtschaftstheoretiker wie Adam Smith ist Egoismus gut. Andererseits spürt man – mehr unbewusst, aber mit Macht durchsetzt – wie der eine Mensch dem anderen Menschen durch seinen Egoismus eine Grenze setzt.
Egoismus der Wirtschaftsmotor?
Aber nur dank Egoismus und Wettbewerb könne Wirtschaft funktionieren, so die landläufige Meinung. Man müsse sich ausleben können. Erfolg dürfe (in einem gewissen Rahmen) nicht begrenzt werden. Das Individuum müsse seine Leistung spüren können. Durch den Kontostand etwa. Nur das wird allgemein akzeptiert und – Menschen seien nun mal so. Der Markt macht diesen Vorgang gesellschaftlich produktiv, denn leistest Du nichts für Andere, so hast Du eben kein Geld. Ja ja, dann gibt es Rohstoffkriege wie in Syrien. Seufz. Mancher Mensch und manches Schöne bleiben leider auf der Strecke.
Das Bild verwandeln
Diesem Bild verwandelnd etwas abzuringen … leicht ist es nicht.
Schauen wir noch einmal auf die Soziale Dreigliederung, die ja behauptet, dieser Weg der Umwandlung zu sein. Betrachten wir ihre Ideen zum Wirtschaftsleben. Da ist einmal der Versuch, die drei gesellschaftlichen Kräfte Rechtsleben, Geistesleben und Wirtschaftsleben getrennt zu sehen, bevor sie sich verweben. Ein solidarisches, ein nachhaltiges Wirtschaftsleben braucht das freie Geistesleben als Stütze. Staat und Wirtschaft müssen sich aus allem zurückziehen, was nicht ihr Metier ist. Das wären neben dem Nachrichtenwesen auch Forschung, Lehre und vieles mehr.
Manche Agenda rechnen wir heute dem Staat zu, die in die zwei anderen Bereiche gehört. Wir hätten keinen Wirtschaftsminister, kein Kulturministerium. Der Staat würde demokratisch lediglich das abstimmen lassen, was allgemein gültiges Recht ist und die Gesetze als Rahmenbedingungen erlassen. Geht es um Erkenntnisfähigkeiten sind wir im Geistesleben. Geht es um praktisches Umsetzen ist Fachtüchtigkeit und Erfahrung gefragt. Hier waltet, was Rudolf Steiner das Wirtschaftsleben nennt. Zur Illustration …
Ein Beispiel
Daraus folgt: Was wir heute als Portfolio kennen, ist gar nicht wirklich „Wirtschaft“. Die Menschen in einem Betrieb sind es hingegen wohl. Deutlich ablesbar war das an der Griechenland Krise. Der Investor verlangte Rückzahlungen, die gleich mal eine ganze Realwirtschaft umgebracht hätten. Die geplatzte Staatsanleihe war sein Risiko gewesen, er konnte das Geld eigentlich nicht zurückbekommen. Der politisch – staatsmässige Ausweg im Rahmen der EU: Man ließ es die Allgemeinheit in den starken Wirtschaftsstaaten bezahlen – via Rettungsfonds. Der Investor bekam reichlich Geld zurück und Griechenland überlebte so gerade eben. Die Medien begleiteten es wohlwollend. Wen kümmert es, dass es gemogelt war?
Diese Rolle könnten politische Organe im Falle sozialer Dreigliederung nicht spielen. Keine Macher Merkel und Macron also.
Wir hätten einerseits das beratende freie Geistesleben. Ein wenig spielte damals dieses Element durch Yanis Varoufakis sogar herein. Er war ja Uni-Dozent gewesen. Andererseits hätten wir Organe, die den wirtschaftlichen Verkettungen entsprächen: Die Assoziationen.
Assoziationen
Diese von Steiner geforderten Assoziationen (als Form, das Wirtschaftsleben abzuwickeln) würden das Hauptkrisenmanagement übernehmen. Sie vereinigen Vertreter der verschiedenen Teilnehmer am Wirtschaftsleben in sich. Also alles was produziert, was handelt und transportiert und ebenso die Konsumenten. Die Assoziationen würden sich so gestalten, dass sie auch Branche mit Branche verbinden. Der Aktionär hingegen, so noch vorhanden, müsste seinem Aktionärsrecht folgen. Er könnte gerade nicht politische Organe für sich einsetzen.
Allerdings hätte assoziatives Wirtschaften Griechenland nie in eine gemeinsame Währung aufgenommen. Man kann sich doch wechselweise einschätzen! Man müsste ein politisch mächtiges Gesamtgebilde (EU) auch gar nicht anstreben. Alles ist ohnehin ineinander verzahnt.
Gerade die Verkettung über den Globus hin ist das, was Wirtschaft ausmacht. Die Gegenkraft zur Egoität ergibt sich aus der modernen Arbeitsteilung. Man muss zusammenwirken, sonst entsteht nichts. So ist der Kampf um Vorteile gerade nicht der alleinige Verursacher von Wohlstand. Das richtige Zusammenstellen der Mitarbeiter entscheidet ebenso über den Erfolg, wie das Bündeln aller Produktionsfaktoren überhaupt. Statt in ewige Wettkämpfe zu versinken kann doch der Interessensausgleich auch untereinander gefunden werden … in der Assoziation. Nicht heiliger Altruismus waltet dort, sondern das „Aneinander Abschleifen“ und gegenseitige Wahrnehmung. Witziger Weise hat Steiner die Produktivität dann höher erwartet, als in der Marktwirtschaft. Also nicht weil`s edel ist assoziiert man sich, sondern weil`s besser funktioniert.
Wo blitzt etwas davon auf?
Partnerschaft.
Da haben wir in Österreich die Sozialpartnerschaft. Eine recht erfolgreiche Einrichtung, die es westlich von uns nicht gibt. Sie ist schon richtig empfunden, nur sollte sie das Feld der Politik verlassen. Assoziativ richtig ist die ständige Gesprächsbasis von Produzentengruppen (Arbeitgeber und Arbeitnehmer), wobei der heutige Hauptinhalt – nämlich Lohnabschlüsse – nicht unbedingt Sache einer Assoziation ist. Insofern jedoch Konsumenten (AK) und Produzenten (WK) miteinander reden, ist auf Assoziationen Deutendes vorhanden. Jetzt gehört noch die Produktion von Handel und Transport geschieden … und schon entsteht Assoziatives im Ringen um Zusammenarbeit und Verträge.
Konkurrenz und Zusammenarbeit
Da gibt es den Riesen Microsoft. Und – siehe da – kaum mehr ist Konkurrenz am Werke, doch zeigt sich unglaublicher Erfolg, unfassbare Produktivität. Firmenintern herrscht Corporate Identity. Nix da mit Kampf „Jeder gegen Jeden“, denn aller geistige Wettbewerb dient dem Unternehmensziel. Die Bezahlung ist gut, aber nicht ständig umkämpft … sonst kommt man ja nicht zum Arbeiten.
Draußen in der Welt sind die heiligen Marktkräfte ziemlich lahmgelegt, denn man hat ein Beinahe – Monopol in der Branche. Und allen geht es gut! Das freie Geistesleben lässt man in Form von smarten Start-ups sich austoben, deren Ergebnis man aufkauft und zur Weiterentwicklung sich einverleibt. Im vollen Wortsinne. Weiters gibt es ständig Sitzungen und Gespräche, Gespräche und Sitzungen (Meetings – man trifft sich). Braucht man wirklich noch einen Eigentümer, der alles zusammenhält? Bill Gates – der Garagenmann – ist doch in Pension, oder?
Es kann doch sein, dass das Wirtschaftsleben inhärent eine Tendenz hat, zu assoziativem, also zusammenwirkendem Handeln zu finden. Vielleicht sind internationale Multis nur eine Kinderkrankheit davon.
Achtsamkeit
Zum Schluss noch einmal Griechenland. Wenn der Grieche aufs Konto keine Knete kriegt, dann bleibt der BMW in Bayern in der Halle. Das hat man sogar in Deutschland gesehen. Der Exportweltmeister(D) hat dort seine Grenze, wo das klassische Importland (GRE) kein Geld mehr hat, einzukaufen. `The winner takes it all´ gilt ökonomisch nur, solange `the loser buys it all´, auch möglich ist. Das ist nicht ethisch gefordert, es ergibt sich real. Da ist doch etwas angelegt, was ein gewisses Zusammenklingen erfordert, ein Schauen auf den Handelspartner.
Sie wird vielleicht doch von der Wirklichkeit eines Tages erwirkt: Die Assoziation.