Text von Reinhard Apel, impulsiert durch das Gespräch mit Florian Amlinger im Herbst 2023 und in dessen Nachklang verfasst.
Wir müssen essen. Und dazu müssen wir uns als Erdenwesen mit dem Boden, also mit dem Element Erde aktiv verbinden. Denn der Boden bringt unsere LEBENSmittel hervor. Von Steinen können wir nicht leben, von Goldmünzen auch nicht. Der bebaubare Boden ist ein Verbindungselement zwischen mineralisch totem Gestein und dem Pflanzenreich. Es ist, nebenbei bemerkt ganz interessant, sich vorzustellen, wie alles heute Feste seine frühere Daseinsstufe in flüssigeren Zuständen hatte. Das berichtet die Geologie. Die geisteswissenschaftliche Erforschung der planetaren Erdenevolution wiederum ergibt, so wie Rudolf Steiner sie dargestellt hat, dass die die heutige Erde mit ihrer festen Erdkruste und Gesteinen das Ergebnis einer Abfolge von verschiedenen Elementarzuständen ist. Denn im Anfang aller Weltentstehung ist laut Anthroposophie die Wärme gewesen. In diesem Seinszustand hat die Erde anfangs existiert. Nach ungeheuer langen Zeiträumen sind Licht und Luft hinzu gekommen, in denen sich nach einer Pause unser Planet quasi neu verkörpert hat. In einer weiteren Entwicklungsphase ist das flüssige Element hinzu getreten und erst ganz zum Schluss und nach einer weiteren kosmischen Pause, wie sie immer zwischen den Ausformungen unseres Planeten anzunehmen ist , haben sich die Dinge verfestig. Seitdem erst ist vorhanden, was wir feste Erde nennen. Was hier sehr kurz skizziert ist, kann der Interessent in den Grundschriften Rudolf Steiners nachlesen, etwa der „Geheimwissenschaft im Umriss“, damit alles in richtigem Rahmen und richtiger Bedeutung erscheint.
Erst hier auf der Erde erlangt der Mensch demzufolge seine heutige Form der Körperlichkeit und damit jenen Bewusstseinsgrad, der ihn zum eigenständigen Wesen, zu einem „Gegenüber“ der Welt macht. Als solcher tragen wir als moderne Menschen (Mit-)Verantwortung für unsere eigene Entwicklung und auch jene der Erde selbst. In diesem Sinne spricht Rudolf Steiner im Rahmen des Landwirtschaftlichen Kurses von 1924 einmal sinngemäß aus: „Es ist die Aufgabe des Landwirtes, die Erde fruchtbar zu erhalten bis der letzte Mensch seine Entwicklung abgeschlossen hat.“
Wieder zum konkret Fassbaren zurückkehrend: Im bebaubaren Boden, der auf festerem Gestein ruht, werden mineralische Stoffe benötigt, um die notwendigen Lebensprozesse aufrecht zu erhalten. Denn der Humus braucht seine mineralische Komponente. Da wird etwas Totes quasi transformiert und ins Leben hereingehoben. Dabei darf die Vorstellung mitschwingen, es wäre denkbar, dass der nächste große Zyklus des Seins, nach Wärme, Luft, Wasser und Erde das Hinaufheben der Dinge ins Leben sein wird. Wie das geht, zeigt uns die Pflanze, von der Goethe nicht zu Unrecht sagt:
Suchst du das Höchste das Größte,
die Pflanze kann es Dich lehren.
Was sie willenlos ist,
sei du es wollend, das ists.
Deshalb mögen wir mit dem Pflanzenreich lebensvoll umgehen, gerade auch in der Bodenbearbeitung und Landwirtschaft. Denn sonst könnte zuletzt zu wenig Leben in den Nahrungsmitteln sein und es würde uns dann möglicherweise eines Tages entsetzlich schwer, wegen der Verfestigung in uns über die Nahrung, eine Transformation in die Lebenssphäre zu vollziehen, die uns eines Tages notwendig werden wird, soll des Menschen Entwicklung positiv weitergehen. Jedenfalls spricht die Anthroposophie davon, dass der nächste Evolutionsschritt nicht etwa retour ins flüssige Element führt, denn dann würde die menschliche Evolution quasi ins Wasser fallen. Wir müssen uns eines fernen Tages die Sphäre des (noch unsichtbaren) Lebendigen erobern, sich uns ihr annähern. Diese Sphäre enthält die Bildekräfte oder mit anderen Worten die Ätherkräfte, die Lebenskräfte. Diese wirken in allem Lebendigen als Wachstums und Regenerationskräfte. Wenn wir essen, gehen diese im Verdauungsprozess in geheimnisvoller Weise samt den aus der Nahrung gezogenen Stoffen in uns über. Daher fühlt man sich nach dem Genuss eines frischen Gartenapfels oft viel besser als nach dem Verspeisen eines halbindustriell erzeugten Importapfels.
Nachdem wir im Ganzen froh sein dürfen, den Zustand des Erdigen und Festen als Menschheit erreicht zu haben, wodurch wir innerlich festen Boden unter den Füßen gewonnen haben, sollten wir nicht dem Schicksal verfallen, am Festen für immer kleben zu bleiben. Durch die Naturwissenschaft mit der modernen Technik im Gefolge verfestigen und komprimieren wir mittlerweile schon all zu sehr. Daher ist es wichtig eine allmähliches Umdenken einzuleiten. Wir können beim Ackerboden damit beginnen, die Wiederbelebung des immer stärker an Lebendigkeit verlierenden Erdbodens durch eine Hinwendung zur biologischen Landwirtschaft zu bewirken. Der Beitrag der Anthroposophie dazu ist der biologisch-dynamische Landbau.
Die Bedeutung der Humusschicht im Biolandbau
Was lebendigen Boden ausmacht, der dann eine befriedigende Humusschicht aufweist, ist in den Wegweiser Ausgaben Nr. 54 und 55 vom letzten Jahr ausgiebig besprochen worden. Auch wurde dargestellt, was der Humus alles kann. Bitte lesen sie dort nach.
Im Letzten Heft „Wasser“ wurden in dem Beitrag „Hochwasser“ daran angeknüpft, wie sehr echter Humus den Wasserhaushalt reguliert. Er baut durch seine gesteigerte Wasserrückhaltefähigkeit in wesentlicher Art der Flut und der Dürre vor. Diesmal folgt unten der Teil 3 des Gesprächs mit Florian Amliger vom Herbst 2023.
Wichtige Merkmale des biologisch-dynamischen Landbaus
Kompostierung
Durch den Kompostierungsprozess wird aus organischen Rückständen und Mist ein Humusförderer erster Güte. Mit der organischen Düngung aus der Kompostierung der lokal und regional anfallenden Pflanzenrückstände aus allen Lebensbereichen und aus Festmist entfällt der Energieaufwand und der damit verbundene Beitrag zur Klimakrise der Kunstdüngererzeugung sowie der damit verbundenen Belastung über die Transportwege. Hinzu kommt die Tatsache, dass heute z.B. mineralischer Stickstoffdünger nur mehr eine Düngeeffizienz von weniger als 20% aufweist. Das heißt, ca. 80 % des zugeführten Kunstdüngers können durch die Pflanze gar nicht verwertet werden, sondern werden entweder ausgewaschen oder in Form von Lachgas oder Ammoniak an die Atmosphäre veratmet.
Nachhaltigkeit
Ein vielseitig gemachter Biohof ist eine Kreislaufwirtschaft in sich und damit vorzüglich nachhaltig. Auch Tierhaltung gehört zum Hof. Reine Pflanzenwirtschaft bewirkt Einseitigkeiten im Boden, die extra ausgeglichen werden müssten.
Schadstoffe
Der Schadstoffeintrag durch Pestizide und Insektizide unterbleibt.
Fruchtfolge
Abwechslungsreiche Fruchtfolge zur Erhaltung des Bodenlebens verhindert Monoulturen.
Mulchen
Die Vermeidung von Anbauflächen ohne Grünbedeckung regelt den Wasserhaushalt und schützt das Bodenleben.
CO2
Gut betreuter Humus verbessert die CO2 Bilanz. Im Humus ist CO2 gebunden.
Zur Person von Dipl. Ing. Florian Amlinger
Studium an der Universität für Bodenkultur – 10 Jahre am Ludwig Boltzmann Institut für biologischen Landbau – dort im Pilotprojekt für getrennte Sammlung und Kompostierung von Bioabfällen – 10 Jahre im Vorstand des Demeterbundes Österreich – danach Forschungsprojekte zur Kompostierung – Entwicklung rechtlicher Rahmenbedingungen für einige europäische Staaten im Bereich Sammlung und Kompostierung – zuletzt Seminartätigkeit zu Boden, Humus, Kompost und Pflanze; Gründungsmitglied der Rudolf Steiner Landschule/Schönau. Heute ist er im Hof und Wohnprojekt „Mirabergen – gemeinschaftlichen leben heilsam gestalten“ im Südburgenland – aktiv.
Erweiterte Gedanken zum Biolandbau
Das Gespräch mit Florian Amlinger führte Reinhard Apel
Und los geht’s!
Mein Ziel ist Erde und Boden nicht allein sachgemäß, sondern auch wesensgemäß zu bearbeiten und dabei das Lebendige im Zusammenhang mit Humus und Pflanze zu erfassen, mich dem anzunähern. Tut man das, so entstehen durch biologischen Landbau auch Lebensmittel, die uns Menschen wirklich nähren und für das Leben auf der Erde gesund und kräftig machen. Die Prinzipien des Biolandbaus versuchen die bodeneigenen Stoffwechselprozesse auf ein möglichst hohes Niveau zu bringen. Dazu gehören permanente Pflanzenbedeckung – in Kombination mit Begrünungen und Mulchsystemen, reduzierte Bodenbearbeitung, vielfältige und weitgestreute Fruchtfolge mit einer hoher Pflanzendiversität und dem Achten auf den Wasserhaushalt und natürlich das Kompostieren. Abgesehen davon, dass man ca. 2 Liter Öl pro kg Stickstoffdünger verbraucht, ist heute der Kunstdünger das Gegenteil einer „heilbringenden Errungenschaft“: Die anfängliche Stickstoffeffizienz, also die Aufnahme des ausgebrachten künstlichen Stickstoffes in den Boden, lag zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch bei 60 bis sogar 80 %. Denn das noch intakte Bodenleben konnte den mineralischen Dünger verstoffwechseln und weiter der Pflanze bereitstellen. Nunmehr ist das symbiotisch mit der Pflanze verwobene Bodenleben der Humusschicht so geschwächt, dass die Stickstoffeffizienz nur mehr bei etwa 20% liegt, wenn nicht sogar darunter. Der Rest gast aus oder geht ins Grundwasser.
Also musste im Laufe etwa der 70er und 80er Jahre immer mehr und mehr Kunstdünger verwendet werden, damit überhaupt genug dieses Düngers bei der Pflanze ankommt und für ihren Stoffwechsel verfügbar ist. Neue Forschungen haben erwiesen, dass der Stickstoff im Humus erstaunlicher Weise zu 70% aus Aminosäuren besteht. Das heißt, der ganze Humuskörper besitzt in seiner Struktur eine gewisse Verwandtschaft mit menschlichen oder pflanzlichen Zellen. Deshalb auch dieser auffallend kolloidale, geflockte Zustand, wie er typisch für Eiweißsubstanzen ist. Rudolf Steiner sagt im landwirtschaftlichen Kurs, dass keine scharfe Grenze zwischen der Pflanzenwurzel und dem umgebenden Boden besteht. Es ist wie ein fließender Übergang. Das bestätigt sich durch die Forschung durchaus (Siehe Wegweiser Nr 54). Es ist wie ein Verweben. Die Pflanzenwurzel “erlebt“ im Boden etwas, dass man wie ein externes Organ ihrer selbst bezeichnen kann. Und dieses Organ hat sie mit aufgebaut. Die Pflanze bildet sich da eigentlich etwas, fast wie ihre eigene Plazenta als Universalorgan für ihr Wachstum. Die Alchemisten haben übrigens den Humus als Universalsamen bezeichnet, weil auch er im Frühjahr auskeimt, indem der molekulare Humuskomplex mineralisiert und die Einzelkomponenten (Mineralstoffe und z.T. organischer Stickstoff) wieder in den Lebenskreislauf der Pflanze aufgenommen werden.
Alles, was der lebendige Boden tut, macht er in Kooperation mit dem Mikrobiom und den höheren Tieren und Pflanzen. Der Mineraldünger kann sogar die wichtigen in enger Symbiose mit der Pflanzenwurzel lebenden Pilze zerstören. Warum? Ganz einfach, weil sie als externes Organ der Boden-Pflanzen- Lebensgemeinschaft für ihre eigentliche Aufgabe, nämlich Mineralstoffe wie z.B. Phosphor aus dem Mineralboden für die Pflanze aufzuschließen und verfügbar zu machen, kein Bedarf mehr besteht! Das schwächt die Fähigkeiten des Humuskörpers, Bodenfruchtbarkeit hervorzubringen. Die zentrale Herausforderung im Biolandbau ist es, einen intensiven, kooperativen und symbiontischen Stoffkreislauf aufrechtzuerhalten. Kein Magerbiolandbau also, mit nur einer oder einer halben Großvieheinheit pro Hektar. Es muss dafür gesorgt werden, dass alle mineralischen und organischen Systemkomponenten gut ineinander spielen, um die rechte Produktivität zu schaffen, die das Potenzial eines Standorts erreichen kann. Magerbiolandbau arbeitet nach wie vor mit viel Pflug, mit relativ enger und zu getreidebetonter Fruchtfolge, mit Schwarzbrache im Winter (d.h. den gepflügten Boden über den Winter offen und damit Wind und Wetter ausgesetzt liegenlassen) und mit keinem oder geringem Tierbestand. Bei der Schwarzbrache hofft man auf den Frost, auf die Frostgare, die im Winter den Boden quasi mechanisch aufsprengt und lockert. Das ist immer noch ziemlich mechanistisch gedacht. Die Bodenlockerung sollte besser über ein vielfältiges Wurzelsystem und das Bodenleben (Stichwort „Regenwurm“) geschehen. Die Kristallisationskräfte durch Frost, die Steiner im Landwirtschaftlichen Kurs erwähnt, müssten ja auch bei bedecktem Boden wirken können.
Ohne den vorhin angesprochenen tierischen Beitrag, also durch das, was die Tiere ausscheiden, werden wir ja doch immer dem Boden durch den Anbau und die Ernte von Früchten zu viel wegnehmen. Und wir geben dann zu wenig zurück für seiner Regeneration. Der Humus- und Nährstoffausgleich ist also tatsächlich eine Herausforderung. Besonders bei intensiven Gemüsebetrieben ist das leicht der Fall. Was hier stark hilft ist eine konsequente Mulchwirtschaft, in der der Boden immer mit einer organischen Schicht bedeckt ist. Das geht aber nur, wenn man die Materialien dafür zur Verfügung hat. Abgesehen von der Anregung des Stoffkreislaufes in den obersten Bodenschicht, wird durch eine Mulchschicht die Zerstörung von Bodenaggregaten (= Krümel) durch die kinetische Energie der Regentropfen verhindert,.
So was gibt es? Eine gefährliche kinetische Energie der Regentropfen?
Doch, denn diese Tropfen sausen mit 200 kmh herunter und zerstören mechanisch die Krümelchen an der Bodenoberfläche. Mit einer Mulchschicht ist der Boden immer gut geschützt. Das Wasser dringt langsam ein, denn schon die Mulchschicht nimmt etwas Wasser auf, dadurch wird auch die Evaporation (Verdunstung aus dem Boden) reduziert. Das Wasser kann an der etwas kühleren Unterkante der Mulchschicht wieder kondensieren. Bakterien und Pilze können dort im feuchten Milieu zu verdauen beginnen. Dann kommen die Regenwürmer und ziehen die angedauten Pflanzenreste in ihre Wurmröhren und arbeiten weiter an der Bodenbildung. Zu dick soll die Mulchschicht jedoch nicht werden, damit keine Fäulnisprozesse aufgrund von Sauerstoffmangel entstehen, aber ein wenig Mulch sollte eigentlich immer vorhanden sein. Ich persönlich erleide beinahe seelischen Schmerz, wenn auf meinen Flächen im Garten keine Mulchschicht verteilt ist. Auch die Poren des Regenwurms im Boden sind überaus wichtig , daher verdient der Regenwurm eine eigene Würdigung. In seine Gänge könne die Wurzeln gut einwachsen und die Wurzelhaare „grasen“ die reichhaltig an den Röhrenwänden angelegten Nährstoffmantel ab. Andererseits schließt der Regenwurm auch verdichtete Erdschichten durch seine Grabtätigkeit auf, sodass die Pflanzenwurzeln an den Mineralboden herankommen und Nährstoffquellen dort in Koopoeration mit dem Bodenmikrobiom erschließen können. Dadurch muss man unter Umständen weniger düngen. So sind der Regenwurm und alle seine Kollegen des Bodenlebens ein wesentliches „Betriebsmittel“ zur Heilung der allgemeinen Bodenverdichtung. Ein hoher Regenwurmbesatz ist also ein prominenter Indikator der Bodenfruchtbarkeit schlechthin!
Sollen wir Regenwürmer aussetzen?
Auch Bakterien streuen oder irgendwie mit Bodenleben impfen bringt meist überhaupt nichts. Es gibt Richtungen in der Landwirtschaft, die das versuchen. Bakterien vermehren sich von Haus aus sehr schnell, wenn das Milieu stimmt. Darauf kommt es im Boden und der Bodenpflege an: die Entwicklung, die Breitstellung eines lebensfördernden Milieus. Das ist eigentlich die zentrale Botschaft auch des landwirtschaftlichen Kurses. Und das wird heute durch die Mikrobiomforschung bestätigt. Jeder Ort, jeder Lebenszusammenhang und jeder Organismus hat ein individualisiertes Mikrobiom, das auf die Erhaltung des betroffenen Lebenszusammenhanges, sowie die Erhaltung von dynamischen, individualisierten Gleichgewichtsprozessen ausgerichtet ist. Ein Beispiel: Auch auf der Haut oder generell in seinem gesamten Stoffwechselorganismus hat jeder Mensch ein individuelles Mikrobiom, was man sogar in der Forensik nützt. Wenn z.B. ein „Unbefugter“ an der Tastatur des PC war, kann man den mikrobiellen Fingerabdruck sichern und individuell zuordnen.
Zurück zu Regenwurm und Wurzel
Wir wissen, dass 10 cm Wurzeltiefe entsprechend mehr Wasserspeicherung bringt. Das sind 25 Liter pro Quadratmeter. Diese 25 Liter entsprechen einem intensiven Landregen von einem Tag. Daher ist ein gut aufgeschlossener Boden eine echte Hilfe bei Überschwemmungen. Da der Humus gemeinsam mit der Pflanze Kleinklimate schafft, gleicht er auch Temperaturschwankungen zum Teil aus und noch vieles mehr. Der Killer für stabile Lebenskreisläufe ist alles, was mit Monokultur und ausgeräumten Landschaften zu tun hat. Das sagt beispielsweise der Mikrobiom Forscher Thomas Hardtmuth. Je diverser, desto ökonomischer ist langfristig das landwirtschaftliche System. Das ist mittlerweile bewiesen. Beispielsweise ist die Energieeffizienz pro Kilogramm Erntegut im Biolandbau inzwischen nachgewiesener Maßen deutlich höher als im konventionellen Landbau.
Fassen wir zusammen.
Also die Biodiversität ist das Wesentliche mit Kompost, Mulchen und Fruchtfolge als wichtigen Bestandteilen. So können wir eine Welt mit verantworten, die im Anthropozän dem Menschen zu seiner körperlichen, seelischen und geistigen Entwicklung dient. Dadurch ist der Mensch in der Lage, dann die Erde wiederum richtig mitzunehmen in die weitere Entwicklung. Das ist der systemische Ansatz, den bereits Wissenschaftler wie James Lovelock in der Gaja Theorie oder Frederic Vester in der Begründung einer systemischen Biologie wegweisend vertreten haben.
Gerade im Umgang mit der biologischen Wirtschaftsweise ist mir immer deutlicher geworden, dass es so etwas wie Leben wirklich gibt. Leben wäre dann nicht nur eine Täuschung, weil die mechanisch gedachten feinen Prozesse so rasch und fließend ablaufen in Pflanze, Tier und Mensch. Gerade dieses fließende Ablaufen eignet der Maschine eigentlich nicht wirklich, wobei man den Ausdruck „fließend“ eben richtig verstehen, erfühlen muss. Und dann sieht man ja diese wunderbaren Zusammenhänge von allem mit allem. Die Maschine sondert sich aus dem Kosmos eigentlich immer tendenziell aus. Deshalb sind ihre Überbleibsel und Abfälle so schwer nachhaltig zu entsorgen. Ganz anders bei Bioabfall. Hier kann man allen Stoff wieder in den Weltprozess eingliedern und ihn neuen Lebensprozessen zuführen. Festes, Trockenes, Abgestorbenes wird wieder weicher und etwas flüssiger, plastischer. Im Komposthaufen entsteht sogar- so man es richtig macht – gar nicht so wenig Wärme. Wenn dann die neue Pflanze aus der gut gedüngten Frühjahrserde sprießt, dann öffnet sich das ganze Pflanzenwesen für Licht und Luft und der Gang durch die Elemente beginnt von neuem. Wobei der Punkt, wo man die Garten – oder Feldabfälle zum Kompostieren entgegennimmt quasi ein Wintermoment ist. Da ist alles tot und vertrocknet. Aber dieses Wiederbeleben, welches die Pflanze im Jahreslauf vollzieht, ist wirklich eine spannende Sache.
Und noch einmal Goethe:
Und so lang du das nicht hast,
dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
auf der dunklen Erde.