Hundert Jahre Biodynamie am Wurzerhof in Kärnten

Ein Hofportrait von Birgit Heinrich

Seit fast 100 Jahren wird am Wurzerhof im Kärntner St. Veit an der Glan biodynamisch gearbeitet. Er ist einer jener wenigen Höfe weltweit, auf den Rudolf Steiners Koberwitzer Impulse zum Gedeihen der Landwirtschaft, der landwirtschaftliche Kurs unmittelbar zur Erprobung mitgenommen wurden. Die Schwestern Hemma (später Bartsch) und Aloisia Wurzer waren vom landwirtschaftlichen Kurs so begeistert, dass sie die Vorträge Steiners auf ihrem Kärntner Hof in die Praxis umgesetzt haben. Dort werden sie seit 1927 im wahrsten Sinne des Wortes auf den Boden gebracht und laufend überprüft. Und seit damals ist der Wurzerhof immer wieder Basis und Treffpunkt der kärntnerisch-steirischen Präparategruppe. So war es zum Beispiel auch, als Raimund Remer noch am Hof wohnte. Er war motivierend für viele Landwirtinnen und Landwirte der Umgebung und 1969 Gründungsmitglied des Vereins Demeter Österreich, in dessen Vorstand er lange Jahre tätig war.

Heute wird der etwa 100 Hektar große Hof im Süden Österreichs von seinem Sohn Dr. Holger Remer und dessen Nichte Anna-Maria Remer geleitet, 24 Mitarbeitende unterstützen sie. Über 250 Rinder, davon 100 Milchkühe, etwa 300 Schweine und 250 Hühner beleben den Hof. Sie verbringen möglichst viel Zeit auf der Weide, im Sommer teilweise auch auf der Alm. Der Kreislaufgedanke ist allgegenwärtig: Die Tiere bringen den Mist zum Düngen und werden mit möglichst viel Heu und Getreide aus eigenem Anbau versorgt. Die Felder wiederum bringen, gut gedüngt und durch Präparate gestärkt, allerlei Ackerfrüchte, Kartoffel, Feldgemüse und Getreide hervor.

Mehrere Standbeine sichern das Fortbestehen des Wurzerhofes. Einerseits gibt es einen gut bestückten Hofladen und zwei Selbstbedienungsläden. Eine breite Palette von hofeigenen Produkten wird dort angeboten: von Gemüse, Obst & Beeren über Säfte und Tees, Getreide und Selbstgebackenem, bis hin zu Eiern, Fleisch- und Wurstwaren. Besonders bekannt ist man für das Sortiment von Milchprodukten aus Demeter-Heumilch: Milch, Topfen, Joghurt, Fruchtjoghurt und Butter. Andererseits gibt es die Produkte des Wurzerhofes in Bioläden, die Milchprodukte auch in Kärntner Filialen einer Einzelhandelskette. Mit einem Vertriebspartner wird bis nach Wien geliefert, wo die Produkte zum Beispiel im Hofladen eines anderen Demeter-Betriebes angeboten werden. Jüngstes „Vertriebskind“ ist ein eigenes Lokal, in dem möglichst viele Produkte aus der eigenen Landwirtschaft verkocht werden.

Die Lebensgemeinschaft von ungefähr 70 Personen umfasst neben der Demeter-Landwirtschaft verschiedene soziale und gesundheitliche Lebensfelder. Fähigkeitsorientierte Beschäftigung oder berufliche Orientierung für Jugendliche und Sozialtherapie für Menschen mit besonderen Talenten und Hilfsbedarf werden angeboten. Auch ein Waldorfkindergarten ist am Hof beheimatet. Die Förderung zur Selbstständigkeit, die Stärkung von Lebenskräften, kreatives Erleben, Weltoffenheit und natürlich das Erleben von biodynamischer Landwirtschaft sind die Basis all dessen. Und, um den Hofkreislauf nochmal zu verdeutlichen, essen sie die Demeter-Produkte und beteiligen sich auch an deren Herstellung.

www.wurzerhof-leben.at

Demeter-Wissen – Das macht Demeter besonders

Landwirtschaft:

  • Umstellung des gesamten Betriebs auf Demeter
  • Tierhaltung auf jedem Demeter-Bauernhof (oder Kooperation mit einem Betrieb für Futter-Mist-Austausch), Ausnahme Dauerkultur
  • 100% Bio-Futter für die Tiere, davon mindestens 50% in Demeter-Qualität, möglichst vom eigenen Hof
  • Verzicht auf Enthornen, Schnabelkürzungen, Schwanzkupieren
  • Einsatz biodynamischer Präparate aus Kräutern, Mineralien und Kuhmist
  • Biodynamische und gentechnikfreie Saatgutzüchtung
  • Bevorzugt Verwendung von samenfestem Saatgut

Verarbeitung:

  • Transparente und jährlich kontrollierte Kette vom erzeugten bis zum fertigen Produkt
  • Keine Homogenisierung der Milch
  • Weitgehender Verzicht auf Zusatzstoffe und Hilfsstoffe in der Verarbeitung, nur wenige zugelassene Zusatzstoffe
  • Einsatz von echten Aromaextrakten, aber keinesfalls von synthetisch hergestellten Aromen
  • Kein Einsatz von Ascorbinsäure und phosphathaltigen Triebmitteln
  • Keine Verwendung von Nitritpökelsalz, Jodierung, Fluor, Rieselhilfen

 

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