Text: Reinhard Apel, Wien
Die vier Seinszustände der Alchemisten waren die Wärme, das Luft-/Lichtartige, Wässriges und fester Stoff. Wir kennen heute von unten nach oben gedacht die Aggregatzustände fest, flüssig und gasförmig. Die Wärme als eigenes sehen wir nicht.
Wir haben festgelegt, dass jegliches Ding nur wirklich Ding ist, solange es fest vor unseren Augen vorhanden ist. Alles kann verflüssigt werden. Dabei werden die festen Konturen aufgelöst und es kommt zu einer starken Beweglichkeit flüssiger Substanzen, der wir im Alltag dadurch Herr werden, dass wir Flüssigkeiten in festen Gefäßen zur Ruhe bringen. Wir fixieren sie quasi in Richtung Gegenstand. Sonst wäre schon Flüssiges schwer für unser Bewusstsein fassbar. Davon kann sich jeder überzeugen, der an einem Bach sitzt und versucht, die Bewegungen des Wassers zu erfassen. Hier ist sogar Vorsicht geboten, weil man den Boden unter den Füßen verlieren kann und somit das gut in sich gegründete Bewusstsein. Gase sehen wir im Normalfall nicht einmal, geschweige denn ihre Bewegung. Sonst hätten wir ständig nebelhaftes Wallen um uns, was auch sehr irritierend wäre. Unser Alltagsbewusstsein bekäme sozusagen etwas Nebulöses, Nebelhaftes. Die Luftbewegungen nehmen wir nur kurzzeitig wahr, wenn z.B. eine Zigarette mit ihrem Rauch dazu verhilft. Dass die Wärme noch einmal feiner auftritt als selbst Luft, ist daran erkennbar, dass wir ihre Existenz durch den Wärmesinn erfassen. Sehen können wir die Wärme nur indirekt, im vollen Sinne also nicht mehr. Das Glühen der Zigarettenspitze ist eine Wirkung der Wärme, nicht die Wärme selbst. Natürlich wird der Kenner der Alchemie sofort einwenden, dass ja auch Luft und Wasser nur als die Wirkung des Wesens eines Elementes am physischen Plan anzusehen sind. Die wirkliche wesenhafte Luft oder das Wesen des Wassers stecken hinter den Phänomenen. Aber immerhin sieht das Auge da deutlich mehr als bei der Wärme, die ganz unsichtbar bleibt.
Die Welt ist vorteilhaft eingerichtet
Als Resümee lässt sich nun verstehen, dass die Alchemisten die Güte der göttlichen Welt darin sahen, dass alles so für den Menschen eingerichtet ist, dass er mit dem Blick hauptsächlich am festen Gegenstand haftet, an dem Dinglichen seiner Umgebung. Unser Bewusstsein bleibt dadurch klar und frei. Im Festen lässt sich gut sein, da ist man Herr der Dinge. Im strömenden Element sind wir es bereits viel, sehr viel weniger. Wasser galt in der Antike als unruhig. Der feste Boden unter den Füßen blieb für die Menschen bis ungefähr 1500 weitgehend bestimmend. Daher sagt man zu Recht, die Neuzeit beginnt erst, als sich die ersten Menschen im großen Stil auf die Ozeane wagen, sich Wellen, Wind und Wetter anvertrauen. Das menschliche Bewusstsein musste erst mühsam lernen, ein Ziel zu erreichen, eine Richtung zu halten, obwohl Meeresströmungen und Winde dabei immer dazwischenfuhren. Was das Wasser betrifft und die damit verbundenen Unsicherheiten, so waren die Götter eben gütig und übten sich in Geduld. Wir hatten Zeit damit zurechtzukommen.
War auf den Weltmeeren die Anforderung, Richtung in der Horizontalen zu halten, vorhanden – im Flugzeug wird es eine Herausforderung im Raum. Wer heute gar einen Videoclip vom Luftkampf über der Krim betrachtet, der merkt sofort, wie verwirrend es ist, wenn die Erde auf einmal schräg oben hängt.
Unterschiede in der Durchdringung
Noch von einer anderen Seite sei auf die Differenzierung der vier Elemente geschaut. Alles Feste ist durchaus von Wasser durchdringbar, solange es feinste Poren hat. Selbst für Beton gilt das, und der ist doch wirklich ein Ding von fester Konsistenz. Nur ganz amorphes, strukturreines Material wie Glas lässt gar kein Wasser ein. Noch deutlicher ist es bei der Luft. Selbst in den kleinsten Hohlraum dringt sie ein und das um ein Vielfaches schneller als Wasser. Ein Vakuum auf der Erde zu erzeugen ist schwer, denn die Luft möchte alles ausfüllen. Doch der wahre König des Durchdringens ist die Wärme. Sie allein wird auch von der ganz dichten Materie nicht abgewiesen. Sie durchdringt allmählich alles und erwärmt es. Das veranschaulicht durchaus die Idee der alten Alchemisten, dass Wärme gar nichts Stoffliches mehr an sich hat. Sie ist bei weitem das feinste (und damit geistigste) der vier Elemente, denn sie stößt nicht mehr an die Stoffgrenze anderer elementarer Seinszustände. Sie erwärmt einfach alles.
Wasser
Wasser kommt für unser alltägliche Erleben aus dem Wasserhahn. Und was sehen wir da? Genau betrachtet windet es sich in einer Art Zopf – also in sich kunstvoll verdreht – vom Auslass Richtung Abwaschbecken. Es fällt mitnichten gerade herunter und sucht die Gerade als kürzeste Verbindung zweier Punkte. Das würde der Stein tun, etwa feiner Sand, nicht aber das Wasser. Man sieht das vor allem, wenn man nicht voll aufdreht und somit den hohen Druck der Wasserleitung nicht hauptsächlich wirken lässt.
Auch beim Eingießen von Kaffee lässt sich beobachten, wie sich dieser Zopf zeigt. Man braucht nur eine große Kanne, eine große Tasse und genug Platz dazwischen, um diesen „Zopf“ zu sehen. Oder man lasse etwas Wasser über eine flache Platte rinnen, es wird sich immer winden. Nur wenn die Schwerkraft übermächtig wird, oder starker Druck zur Anwendung kommt, setzt sich der Eigentendenz des Wassers gegenüber die Gerade stärker durch. Denn das Wasser ist ansonsten die Biegung, die Windung, das Gewellte. Selbst aus dem Gartenschlauch kommt der Strahl (bewirkt durch unnatürlichen Druck) nie ganz pfeilgerade heraus. In der Natur steht Wasser eher selten unter hohem Druck. Vor allem dann nicht, wenn es um Lebensprozesse geht, wie etwa in der Pflanze. „Der Bach schlängelt sich über das Wiesental hin“, sagt Goethe. Niemals würde also ein natürlicher Wasserlauf so aussehen wie der Wienfluss im Stadtbereich. Da hat der Mensch dem Wasser eine Art „Wasserautobahn“ gebaut, in der es sich nicht so entfalten kann, wie es das gerne würde (Vgl Beitrag „Hochwasser“ Seite … Ein nicht verbauter Strom mäandriert. Wunderbar sehen die Luftaufnahmen solcher Wasserläufe aus. Die Schlingen sind das Auffällige, fast ein wenig erinnernd an unsere Darmschlingen. Auch unser Gehirn kann zwar bestens rechte Winkel und gerade Linien denken, doch betrachtet man es, ist es die Verschlingung selbst in seinen Windungen.
Es hat eine organische Form und ist nicht am Reißbrett entworfen. Organische Formen und Strömungsformen des Wassers weisen nie ganz gerade Linien oder rechte Winkel auf. Wenden wir uns wieder dem Wasser zu, so können wir erkennen, dass es da eben die Tendenz zur Windung gibt. Im Mäander etwa fließt das Wasser ausgiebig auch mal in die sozusagen „falsche“ Richtung. Der kürzeste Weg von A nach B ist das nie und nimmer. Am Rhein wurden in neuerer Zeit nahezu alle Windungen begradigt, alle Mäander abgekürzt, Seitenarme stillgelegt, um aus dem Fluss einen praktischen Verkehrweg für große Gütermengen zu machen. Der Idee folgend: Die Linie verbindet optimal die Punkte A und B. Bei Hochwasser gibt es dafür den Rückschlag. Nun kommen alle Hochwasserspitzen der Zuflüsse nahezu zeitgleich im Hauptbett, dem Rhein an. Das Wasser steigt rasch an und gegen die Mündung zu hilft dann keine Verbauung mehr: Das Wasser tritt aus den Ufern. Das tut es dann mit viel verheerender Urgewalt, als es das unter normalen Umständen getan hätte. Da wäre mehr unterwegs versickert, hätte sich in kleinen „Übertretungen“ seitlich ausgelebt und erst einmal Nebenarme ausgefüllt. Die Mäandrierung hätte die Hochwasserspitzen aufgehalten und alles wäre im Hauptbett viel zeitversetzter und harmloser abgegangen.
Mit dem Wasser gehen
Daher die beim Autor vorhandene Hochachtung vor dem Österreicher Victor Schauberger, der schon in der Zwischenkriegszeit der Meinung war, dass man nicht gegen das Wasser, sondern mit dem Wasser bauen sollte. Überhaupt lautete sein Credo: Bewegen, wie die Natur bewegt. Schauberger hat der Natur als Beobachtender so einiges an Geheimnissen abgelauscht. Damit ist er irgendwie verwandt mit den alten Alchemisten, denn er vermeidet theoretische Modelle, abstrakte Vorstellungen und richtet sich nach seinen Wahrnehmungen in der Natur. Alles kommt bei ihm aus der reinen Anschauung. Er geht sogar so weit, gewundene Rohre für Wasserleitungen zu empfehlen (siehe Abbildung).
Und tatsächlich, das Wasser würde in solchen Leitungen wohl weniger Korrosionsschäden anrichten. Das Wasser außerordentlich bildsam und passt sich also unserem Befehl: „gerade in Linie fließen!“ an. Dieser kommt aber vom Reißbrett nicht vom Bachbett. So würde der alte Alchemist sagen: „ Da sich das Wasser in gewundenen Rohrleitungen wohlfühlt, wird es wohl für den Menschen auch bekömmlicher sein. Der Elementarforscher würde hinzufügen: „Die Undine darf wieder lächeln. Wir sagen heute einfach „H2O ist H2O“. Denn wir sind dem Element Wasser noch ganz fern und gebrauchen es nur nach unserer Vorstellung und unserem Willen.
Die Entwicklung einer naturrichtigen Technik liegt noch vor uns.